Wise Guys
in Wyk auf Föhr, Nationalparkhalle


So kurzentschlossen bin ich schon seit Jahren nicht mehr zu einem Konzert der Wise Guys gefahren. Eigentlich hatte ich überlegt, dass mir das doch ein bisschen zu teuer ist, auf die Insel zu fahren und dort übernachten zu müssen, weil die letzte Fähre schon um 18:45 auf's Festland fährt. Aber der im Forum angebotenen Karte konnte ich dann auch nicht widerstehen. Deshalb bin ich am Sonntag vor dem Konzert zum Bahnhof gedüst, habe mir eine Fahrkarte gekauft und die nur zwei Tage dauernde Vorfreude genossen. Das erste Inselkonzert wird gleichzeitig Jubiläum: Ich sehe die Jungs zum zehnten Mal live.

Der Wetterbericht lässt natürlich mal wieder nichts Gutes vermuten, 13°C und Regen werden angesagt, also packe ich zwei Garnituren dicke Sachen in meinen Trekkingrucksack, sogar Mütze, Schal und Handschuhe kommen mit. Und tatsächlich: als ich Dienstag morgens um kurz vor sieben das Haus verlasse, regnet es. Die Bahnfahrt nach Dagebüll verläuft ereignislos, ich schlage sie mit Frauenzeitschriften, Songtexten und Keksen tot. Auf der Fähre wird es dann zum ersten Mal interessant: mal abgesehen davon, dass der Regen nachgelassen hat und sogar ein bisschen blauer Himmel zu entdecken ist, darf ich die Unterhaltung zweier Mitfahrer anhören. Zunächst geht es um die näheren Inseln, die ja alle so schön sind und die man alle mal gesehen haben muss. Das Gespräch gipfelt dann darin, dass die beiden sagen, Düsseldorf sei doch eine so wunderschöne Stadt! Hallo? Ich MUSS definitiv auf der falschen Fähre sein! Düsseldorf??? Sie bleiben beide an Bord, ich kann mich gerade noch beherrschen "Mann über Bord" zu spielen. Es gibt keine weiteren als Fans erkennbaren Passagiere, aber die Robben auf der Sandbank an Steuerbord scheinen unglaublich interessant zu sein. Und es ist ziemlich kalt und windig.

Die Konzertkarte bekomme ich direkt am Hafen im Reedereigebäude. Studentenermäßigung ist dabei eine echt feine Sache und wenn ich hier bliebe und einen Badeanzug bei hätte, könnte ich sogar vergünstigt schwimmen gehen. Mein Zimmer in der Pension hat alles, was man sich wünschen kann: Bad mit Dusche, einen Fernseher, Telefon, sogar einen Safe im Schrank. Und der Pensionsinhaber erklärt mir den kürzesten Weg zu Halle, die ich vom Fenster aus fast sehen kann. Noch sind es ein paar Stunden, bis ich mich mit Isa und Lena an der Halle treffe, aber es ist nie zu früh um zu testen, wie lange man braucht. Wenn ich langsam gehe, bin ich in zehn Minuten da. Perfekt! Schon komisch, die Halle sieht von außen aus, wie eine umgebaute Reithalle, nur die rote Stahltür passt dazu nicht ins Bild.

15:15 Uhr.
Wider Erwarten scheint die Sonne und es ist so warm geworden, dass ich Pulli und Regenjacke direkt im Zimmer lasse, nur der Regenschirm kommt sicherheitshalber mit. Vor der Nationalparkhalle treffe ich Lena und Isa, die schon ziemlich lange da sind und in der Zwischenzeit fleißig gebastelt haben. Die Wartezeit ist in der Sonne richtig angenehm, manchmal wünsche ich sogar meine schwarzen Klamotten zum Henker, weil es so warm ist. Uta kommt auch zu uns, sie ist total aufgeregt. 

Wie fast immer ergeben sich Gespräche mit weiteren Fans. Die Wise Guys haben echt die nettesten Fans der Welt, wo sonst bekommt man von Leuten, die man noch nie gesehen hat, Pfirsiche angeboten? Dank Lenas iPod komme ich endlich mal in den Genuss (?), das Tears for Fears Original von "Mad world" zu hören. Hatte ich je gesagt, ich finde die Version der Wise Guys zu schnell? Das Original ist soooo grausam, dass ich betreten auf meine Schuhe schaue um festzustellen, ob man von außen sehen kann, wie sich die Zehennägel aufrollen. Zwischendurch telefoniere ich mit Steini, die kurz drauf Grüße von allen Föhrern ins Forum schreibt. Danke, Steini. Lena erzählt dramaturgisch ausgefeilt davon, dass sie gestern in Dagebüll offensichtlich den Techniker-Van gesehen hat: "An der Fähre stand der Truck. Am Horizont tauchte ein silberner Van auf und ich sah noch etwas rotes aufblitzen."

Wise Guys

     
Wise Guys
Nini, Lena und Isa. Und Léon, der kleine Löwe
  Isa und ich sind begeistert von Léon, dem kleinen Löwen (Kinderbuch von Eddi) und da Lena den Trailer dazu auf ihrem iPod hat, kann ich immer mal wieder mit meinem Lieblingssatz daraus alle zum Grinsen bringen: "Und taaaaaatsächlich, da stand ein ziemlich nasses Schwein!" Das Grunzen von Franz dem Schwein kann der Eddi zwar eindeutig am Besten, aber Isa macht das auch richtig gut. Fehlt nur noch die Nini-Ente auf Ecstasy...

Unser Rückfall ins Kindesalter wird abrupt von Lena beendet, die durch die Tür dem Soundcheck lauscht und plötzlich sagt: "Mad world!" Wie auf Kommando reißen Isa und ich die Ohrstöpsel aus den Ohren, um Dän zuzuhören. Ob ich heute einmal in störungsfreien Mad-World-Genuss kommen werde?

Die meisten Zuhörer kommen recht spät an der Halle an, aber wie fast immer stellen sie sich hinten an statt sich nach vorne zu drängeln. Und so stehen wir nach dem Sturm Richtung Bühne direkt in der Mitte in der ersten Reihe. Die Bühne ist echt niedlich, nur ungefähr kniehoch und auch ziemlich klein. Der Boden ist angenehm kühl, und fast alle setzen sich zum Warten noch hin. Isa und ich nutzen die Zeit, um schonmal die Trackliste abzuschreiben, damit wir im Konzert selber weniger Notizen für Berichte machen müssen. Direkt hinter uns sitzen zwei Mädels, die auf der gleichen Fähre waren wie ich und die die Nacht unter freiem Himmel am Fähranleger oder dort in der Nähe verbringen wollen. Von innen sieht die Halle tatsächlich einer Reithalle sehr ähnlich. Nur dass die Wände ziegelrot gestrichen sind passt nicht ganz ins Konzept. Ein paar Bekannte von Lena haben sich einen Stehtisch von hinten mitgebracht und sehen sich das Treiben entspannt von "oben" an. Der Konzertbeginn um 18 Uhr ist eine sehr kinderfreundliche Zeit und es sind viele Mini-Fans dabei, aber die meisten sind klein genug, dass man ohne Probleme über sie drübergucken kann. Auf der Bühne stehen wie immer die Stehtische mit Wassergläsern und dem Minikeyboard, dessen Sinn ich bisher nicht verstehe. Ein guter Geist öffnet die Oberlichter, um nochmal frische Luft in die Halle zu lassen. Oder wurden wir tiefergelegt und werden gleich geflutet? Nein, das Blaue über uns ist eindeutig Himmel und kein Wasser, Glück gehabt. Als die Oberlichter schließlich wieder geschlossen werden und die Hintergrundmusik verstummt, geht es endlich los.


"Wo der Pfeffer wächst"
ist wieder das erste Lied des Abends und ich merke schnell, dass wir durch die geringe Höhe der Bühne extrem nah an den Wise Guys dran sind. So nah, dass man sich irgendwie kaum traut, Party zu machen. So nah, dass man nur selten ein Foto mit allen fünfen erwischen kann. So nah, dass man ihnen theoretisch die Schuhe putzen könnte, wenn sie mal nicht tanzen. Dän hat seinen kreativen Abend, er singt: "Ich bin ein Gentleman und werfe keinen Dreck, und dich noch zu seh'n fällt mir noch schwer...". Auf der Bühne stehen Profis, außer einem kurzen Grinsen scheint diese Textvariation nicht weiter ins Gewicht zu fallen.

Wise Guys   Beim Applaus nach dem Lied allerdings platzt besonders Clemens fast vor lachen und gibt damit die Urlaubsstimmung preis. Es geht weiter mit "Was für eine Nacht", das Publikum ist ziemlich brav und auch sehr leise, was mich ehrlich gesagt irritiert und bremst. Aber vielleicht sind die auch irritiert von den ungewöhnlichen Ausmaßen dieses Konzertes? Es sind ja nicht nur die Bühne und die Halle kleiner sondern es sind auch mehrere hundert Leute weniger da.
     

Okay, heute mal wirklich ohne Mitsingen, das wird eine ganz neue Erfahrung in einem Stehkonzert. Ich erwische mich immer wieder dabei, dass meine rechte Hand meinen linken Ellenbogen festhält und nur die Knie ein wenig wippen. An einer Traverse im hinteren Bereich der Bühne hängt genau in der Mitte ein weißer Scheinwerfer, der die Wise Guys ab und zu von hinten beleuchtet. Allerdings scheint er mir dann auch immer mitten ins Gesicht, und nach einer Weile geht mir auf, dass man mich dann von der Bühne aus richtig gut erkennen kann. Uuups! Zwischendurch mache ich immer mal wieder ein nachdenkliches Gesicht, wenn ich mich zum Beispiel auf eine der Nebenstimmen konzentriere. Wahrscheinlich sehe ich in den Momenten aus, als ob ich so gar keinen Spaß haben würde. Hoffentlich irritiert das keinen...

Ohne Singen sind Stehkonzerte komisch, also singe ich teilweise einfach lautlos mit. Ein kurzer Blick nach links zeigt, dass Lena sich für eine ähnliche Taktik entschieden hat. In der ersten Moderation des Abends erzählt Dän davon, dass dies das erste Konzert nach der Sommerpause sei und dass so ein Konzert immer etwas von neu anfangen habe. Wer als erstes den Text vergesse, sei ja schon geklärt, aber er sei erst vor zwei Tagen aus Amerika zurückgekommen und noch ein wenig gejetlagt. Was soll's, "Du kannst nicht alles haben"! Neuer Rekord: es klatscht nur eine einzige Person in die Pianostelle! Wow!

 

Wise Guys
Es ist extrem warm in der Nationalparkhalle, Dän wird im Verlauf der ersten Konzerthälfte ohne äußere Einwirkung zu Mister "Wet T-Shirt".

 
In der Zuschauerbefragung bittet Dän zunächst um "Scheunenlicht", seiner Meinung nach könnten im Winter durchaus Trecker und Co in der Halle gelagert werden. Auf die Frage, ob es eigentlich Wik oder Wük auf Föhr heiße, tönt ihm ein vielstimmiges "Wiiiiiiiik" entgegen. Es müssen sich alle die outen, die nur für das Konzert nach Föhr gefahren sind und so sind die Wise Guys nicht die einzigen, die heute um 06:30 Uhr losgefahren sind und für die das das erste Konzert mit einer Anreise per Schiff ist. Es gibt jede Menge Neuhörer und auch ganz viele Urlauber, die mehr als drei Wochen Urlaub auf Föhr machen.
     
Wise Guys  

Das nächste Lied ist "Aber sonst gesund" und wir bekommen etwas geboten, was ich so noch nie erlebt habe: Dän hat am Anfang der zweiten Strophe den totalen Text-Blackout und kommt nicht rein. Clemens versucht, ihm den Text zu soufflieren, aber Dän entscheidet sich dafür, abzubrechen und die zweite Strophe neu anzusetzen. Sehr schön finde ich, dass vom Publikum keine Schadenfreude kommt sondern alle einfach weiter lauschen. Hoffentlich landet dieses Lied mit auf dem Minialbum! "Denglisch" ist klasse und macht viel Spaß, auch die Pyramide klappt souverän und sicher. Eddi und Clemens halten nicht nur Sari fest sondern machen gleichzeitig noch richtig Stimmung und Sari steht locker dort oben, als mache er zu Hause den ganzen Tag nichts anderes.

Danach moderiert Clemens "Erzähl mir die Geschichte" an. Bei diesem Stück brummt bei Ferenc' tiefen Tönen zum Teil die Anlage und am Anfang scheint es auch etwas unsauber zu sein, die Stimmung ist trotzdem wundervoll ruhig und verträumt. Auch die Kinder lassen sich von dieser Stimmung anstecken und sind erstaunlich leise, das hatte ich vorher auch schon ganz anders erlebt. So sehr konnte ich dieses Stück live bisher nie genießen, es ist wunderschön. Meinetwegen könnten diese entspannten ruhigen Momente in den Shows ruhig ein bisschen länger dauern.

Es geht mit dem Stück weiter, in dem die Wise Guys von der Zeit in einer Beziehung erzählen, wenn noch die volle Leidenschaft und Verliebtheit da ist, nämlich von den ersten vier bis fünf Tagen: "Das war gut". Sari singt es völlig treffend: Das war gut, mach das noch mal! Direkt danach wird es spannend, denn für "Achtung! Ich will tanzen" ist die Bühne sehr klein. Trotzdem funktioniert die Choreographie ohne Zusammenstöße, Hut ab! Auch das Publikum taut auf und beginnt ein bisschen zu hüpfen oder zu tanzen, die Hemmungen sind zwar nicht weg aber werden immerhin weniger.

Das mit sehr feinem Humor beschriebene und wohl nur für Männer wirklich verständliche Physikerverhalten in "Romanze" löst immer wieder leises Kichern im Publikum aus und natürlich bekommt "sie" einen richtig fetten Applaus für ihre letzte Entscheidung im Lied. Ich schreibe mal noch nicht hin, worum es genau geht, weil immer noch viele das Stück nicht gehört haben. Sari verwandelt sich anschließend wieder in den attraktiven und umjubelten aber unterdrückten Putzteufel, der für seine "Powerfrau" gekonnt und ziemlich sexy den Haushalt schmeißt. Wäre er doch nur in der Wise Guys WG gewesen, dann hätte diese bestimmt nicht am Spül scheitern müssen, aber da diese WG ein Phantasiekonstrukt ist, dürfen die fünf sich bei "Du bist dran" richtig schön gegenseitig anmaulen. Die schauspielerische Leistung ist hervorragend und wir haben riesengroßen Spaß dabei. 

  Wise Guys

Danach wühlt Clemens sich durch die an der Seite auf der Treppe sitzende Kinderschar in den Backstagebereich und lässt Dän damit Zeit für den Werbeblock und kleine Stichelein darüber, dass das nächste Stück im Internet zum beliebtesten Lied des aktuellen Albums gewählt worden ist, obwohl der Clemens die Hauptstimme singt und außerdem die Homepage federführend programmiert. Die Pause können alle nutzen, um ein bisschen frische Luft zu schnappen und etwas zu trinken, und im Backstagebereich gebe es sogar zwei Duschen. Irgendwie kommt von der Bühne das scherzhafte Angebot, die zu nutzen und Lena fragt mich ganz trocken: "Na, Nini, kommst du mit?" Wie weit das zu hören war kriege ich nicht ganz mit, weil ich mit einem fingierten Erwürgen von Lena beschäftigt bin. Clemens erscheint pitschenass und mit Sweatjacke wieder auf der Bühne und zieht wie immer eine grandiose "Nur für dich" - Show ab, bevor es in die Pause geht.

Wise Guys    Wise Guys

Wise Guys
Clemens verwandelt sich innerhalb kürzester Zeit
vom zerknirschten Kerlchen in einen unwiderstehlichen Leckerbissen

Wow, es ist extrem warm in der Halle, aber der gute Geist von vorhin denkt auch jetzt daran, die Oberlichter zu öffnen, um frische Luft reinzulassen. Wir setzen uns auf den Boden, der angenehm kühl ist, und warten auf den Beginn der zweiten Hälfte. Wie zur Zeit immer beginnt diese mit Mad World". Mein Traum erfüllt sich, es ist total still in der Halle und zum ersten Mal kann ich Däns hervorragendes Arrangement störungsfrei genießen. Schöööööööööööön!

Es geht weiter mit dem "Ohrwurm", der mit vielen lachenden Neuhörern und ohne betrunkene Halbstarke doch weit lustiger ist als sonst. Den Salto macht Clemens allerdings leider nicht. Die Wise Guys tragen noch immer die Klamotten aus der ersten Hälfte und nicht die schwarzen Anzüge, nur Dän hat jetzt sein schwarzes Hemd an. Nach dem Ohrwurm erzählt er, dass auch er dasselbe Hemd anhabe wie in der ersten Hälfte, das sei nur wegen der Seeluft nachgedunkelt. Aber in den schwarzen Anzügen sei es zu warm, so dass sie sich dagegen entscheiden hätten. 

Wise Guys
Hallo, hallo, ich bin dein Ohrwurm

In seinem Erzählfluss will Dän schon anfangen, etwas über Mundschlagzeug zu sagen, wird allerdings von seinen Kollegen und den Leuten, die die Abfolge sehen können, sehr kritisch angeguckt. Er hätte beinahe "9 Live" vergessen, kriegt aber doch noch die Kurve und berichtet über Fernsehratespiele. Das Lied macht richtig Stimmung, uns ist es mittlerweile fast egal, ob hinter uns auch getanzt wird oder eher Totentanz herrscht, wir hüpfen was das Zeug hält. Wow, da es nicht ganz so extrem eng ist, macht das richtig Spaß. Danach kommt dann die Mundschlagzeugerklärung zum Mitmachen, bei der es in den vorderen Reihen wie immer etwas weiblich klingt. "Einer von den Wise Guys" macht Spaß und aus dieser Perspektive haben bisher vermutlich nur wenige Leute "Was macht der denn da unten in dem Loch?" gesehen.

Es geht direkt mit "Jetzt ist es zu spät" weiter und wie immer ist es ein Genuss, Sari, Clemens und Eddi beim Ärgern über vergangene Chancen mit den Frauen zuzusehen. Clemens erzählt anschließend etwas über die Mentalität der Kölner. Die haben den großen Vorteil, dass sie sich, wenn es in einem Lebensbereich zu keinen Höhepunkten mehr kommt, einem anderen Bereich umso intensiver zuwenden. Die Gesichter der anderen vier während der nicht mehr stattfindenden Höhepunkte sind klasse, aber im Endeffekt will Clemens ja doch nur auf Fußball hinaus: "Weltmeister".

Als nächstes moderiert Eddi einen von Saris hilflosen Baggerversuchen in der Disco an und bei "Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf" werden wir Zeuge davon, dass Sari Frauen noch immer wegen ihres Zopfes anspricht. Bei "Sing mal wieder" ist Eddi in Experimentierlaune und hat das Publikum von Anfang an total in der Hand. Zunächst kommen ein paar wilde "sucksucketschkesucksucks", die wir einigermaßen richtig und mit viel Spaß meistern. Dann lässt er uns einen Takt statt mit ihm im Wechsel durchgängig singen und als das klappt grinst er seine Kollegen an und sagt: "Ich weiß jetzt auch noch nicht, was passiert..." Er entscheidet sich ziemlich schnell und improvisiert ein bisschen auf unsere Untermalung, das klingt total klasse. Könnte er öfter so machen! Natürlich kommen am Ende die mehrere Takte lang ausgehaltenen Töne, bevor es aus dem Animationsprogramm wieder in die normale Strophe weitergeht. Spaß pur, mittlerweile sind nicht nur die Menschen auf der Bühne durchgeschwitzt sondern auch die davor.

Den heftigsten Applaus bekommt wie immer Ferenc nach seinem "King of the road" und danach kommt leider schon das letzte Lied im regulären Programm: "Feierabend". Lena und Isa schubsen ihren Bagger für Sari auf die Bühne und bekommen dafür unmissverständlich das "...hatte leider einen Spleen...." entgegengesungen. Der Bagger lebt gefährlich und wird im weiteren Verlauf mehrfach fast vom Eddi totgetreten, obwohl er nur ein paar Zentimeter neben der Monitorbox hervorlugt.

Als erste Zugabe gibt es "Live and let die", das bei den Open Air Konzerten ja nicht gesungen wurde, weil es draußen zu hell dafür ist. Aus der Nähe sieht das unglaublich eindrucksvoll aus und ich staune immer wieder, wie sehr die roten Scheinwerfer die Gesichter verfremden, selbst wenn man sehen konnte, wer da vor einem steht.

Wise Guys 

In der zweiten Zugabe "Jede Stimme zählt" kommt Däns Jetlag noch mal durch, als nur noch er und Eddi übrig sind haben die beiden gleich zweimal hintereinander ein "Pro-blem". Als Dän auf's Klo verschwunden ist, darf Eddi endlich nach Herzenslust jodeln, bis seine vier Kollegen ihn dann von der Bühne tragen. Bei "Ruf doch mal an" werfen wir alle guten Vorsätze, nicht mitzusingen komplett über Bord, in der Nationalparkhalle tobt eine Riesenparty, die mit "Jetzt ist Sommer" und der "Ohrwurm-Reprise" zu Ende geht.

Die Seeluft scheint nicht nur Hemden nachdunkeln zu lassen, sondern regt auch die Hirnzellen an. Mir geht endlich das Licht auf, wozu das winzige Keyboard gut ist: Nach den Liedern gehen die Jungs teilweise da hin und können damit offensichtlich testen, ob sie sauber rausgekommen oder gesackt sind. Falls es das jetzt nicht ist (ich habe nicht nachgefragt), dann weiß ich echt nicht, wozu das sein soll...

Der Afterglow ist vergleichsweise leer und somit kommt jeder dazu, mit den Wise Guys zu reden und Fotos mit ihnen zu machen. Nach meinem total stoned aussehenden Bild aus Lübeck (achtet mal auf meine Augen!) starte ich einen neuen Versuch, ein schönes Bild mit Sari zu bekommen und es klappt tatsächlich:

Wise Guys Wise Guys
In Lübeck (erstes Bild) hatte ich eindeutig die falschen Drogen!

Wise Guys

Ich bin völlig überrascht, als Sari auf die Frage, sein wievielter Bagger das sei, antwortet: "Das ist mein erster!" Er ist überhaupt ziemlich fit was Bagger angeht, weil sein Sohn die total toll findet und Papa da wohl oder übel mitlernen muss. Der Bagger, den er von Lena und Isa bekommen hat, ist übrigens ein Schaufelbagger.

Nach dem Afterglow ist es auf Grund des frühen Konzertbeginns noch nicht allzu spät und keiner von uns hat schon Lust auf Pensionszimmer. Also unterhalten wir uns noch eine Weile an der Halle stehend und entscheiden uns dann, in die Stadt zu gehen. Wie praktisch, dass auf Föhr nichts wirklich weit weg sein kann. Mitten in Wyk treffen wir vor einem Café noch vier weitere Fans und obwohl (oder weil?) die Wise Guys auch in diesem Café sitzen, kommen nach kurzem Hin und Her immerhin zwei von den vieren noch mit rein. Die anderen beiden trauen sich offensichtlich nicht und gehen woanders hin, so dass wir noch zu sechst sind und einen Tisch mit Eckbank in Beschlag nehmen. 

Wise Guys

Judith und Gesa machen wenig später Bekanntschaft mit Léon, die beiden hatten sich bisher den Trailer noch nicht angehört. Corine hatte ja schon vorgeschlagen, das Buch ins Holländische zu übersetzen. Mittlerweile haben wir außerdem Englisch, Französisch, Dänisch und Portugiesisch im Programm und Spanisch kann sicher auch irgendwer gut genug. Ob Latein....? Nein, ein Kinderbuch auf Lateinisch ist dann doch etwas krank, aber die bloße Vorstellung macht Spaß. Lena erfährt von ihrer Mitbewohnerin, dass sie ihre Klausur in  Sprachgeschichte bestanden hat. Und schon beginnt ein wildes rezitieren von mittelhochdeutschen Gedichten. Es soll ja sogar Dozentinnen geben, die sich ein Bild von Walther von der Vogelweide auf den Arm haben tätowieren lassen. Grausige Vorstellung!

Wise Guys
Das bekommt man nur auf Föhr: "Dän Hot Dog"

Das Café schließt schon um 23 Uhr, also fragen wir die Kellnerin, wohin man noch gehen könne. Sie nennt uns drei Lokalitäten, die länger geöffnet haben und nur zwei Minuten später hören wir sie ein paar Tische weiter genau die gleiche Frage nochmal beantworten. Uta bestellt sich ein Taxi zur Pension, weil sie am nächsten Tag früh aufstehen will, wir anderen fünf ziehen weiter. Die erste der Bars ist nur wenige Schritte entfernt, uns aber ziemlich unsympathisch. Auf dem Weg zum nächsten Versuch wundern wir uns über die kulinarischen Genüsse auf Föhr (siehe Bild). Dann überfalle ich noch kurz den Geldautomaten, und wir wandern los zum "Glücklichen Matthias". Die Kneipe ist ziemlich voll (so ähnlich wie der Wirt), aber auch hier finden wir noch ein Plätzchen samt Tisch in einer Ecke. Auf Föhr scheint KiBa eine Besonderheit zu sein, als wir fünf Stück davon serviert bekommen, werden die vom Nebentisch aus interessiert gemustert. Isa beginnt, rund um die silbernen Autogramme der Wise Guys ein paar ihrer Postkarten zu schreiben und sogar hier schlägt unser neues Lieblingslied zu: Wir hören wieder den Léon-Trailer. Der kleine Löwe stachelt unsere Ideen an und plötzlich wird der nächste Sommer verplant: 

Im Afterglow hatte Sari gesagt, dass man sich für die Inseltour im nächsten Jahr eigentlich eine Fähre chartern müsste, statt von jeder Insel immer wieder aufs Festland und dann auf die nächste Insel zu fahren. Aber das werde wohl daran scheitern, dass man die nicht auslasten könne. Gut, eine Fähre vermutlich nicht... Aber ich habe ja nicht umsonst meinen Sportbootführerschein gemacht. Und so entsteht der Plan, für die Inseltour 2006 ein Sportboot zu mieten und sich tatsächlich den Weg übers Festland zu sparen. Sobald ich wieder zu Hause bin, werde ich mir die entsprechenden Seekarten besorgen und diese Idee auf Machbarkeit überprüfen, auf dass wir im nächsten Sommer unsere Anreisewege nicht in Kilometern angeben sondern in Seemeilen.

Wise Guys
Isa, Nini, Lena, Gesa und Judith (v.l.n.r.) im "Glücklichen Matthias"

An der Bar scheint jemand seinen Saufkumpanen eine Runde ausgegeben zu haben und obwohl sie längst zu wenig Blut im Alkohol haben, singen... nein, grölen die ihr Dankeschön. Vier junge Männer am Tisch gegenüber sind da vernünftiger und weitaus nüchterner: sie singen nicht, obwohl sie das garantiert besser könnten als die Barbesatzung. Und die vier machen noch etwas richtig, was wir leider falsch machen: sie verlassen die Kneipe, bevor die Musik richtig schlecht wird.

Unser Abgang ähnelt wenig später eher einer Flucht und wir entscheiden uns für einen Strandspaziergang. Burgen bauen ist offensichtlich nicht mehr so in Mode, dafür aber Löcher graben. Am dunklen Strand landet immer mal wieder einer von uns unsanft ein Stück tiefer als erwartet. Gesa und Judith wollen am Strand schlafen und nehmen schließlich ihr schon tagsüber ausgesuchtes Stück Sand in Beschlag, wohingegen Lena, Isa und ich wieder ein Stück nach Wyk reinlaufen. Wir quatschen noch eine ganze Weile, bevor wir uns schließlich voneinander losreißen um in entgegengesetzte Richtungen zu unseren Pensionen zu laufen und dort morgens um zwei in die Betten kippen.



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