The Obsessions und Duncan Townsend
in Hamburg, The Academy

Wir erreichen die Academy gegen 21:15 Uhr. Die Gerüchte um den vermeintlichen Einlass ab 21:30 bzw. 22:00 Uhr hatten sich ja beim letzten Mal nicht erhärtet, so dass wir keine Wartezeit in der Kälte befürchten müssen. Kälte? Ohja, und dicker Nebel. Zumindest südlich der Elbe. Allerdings hätten wir davon Abstand nehmen sollen, einem Scherzkeks den Vortritt zu lassen, denn Torben rüttelt einmal vergeblich an der Tür und verkündet, es sei noch geschlossen. Erst eine junge Dame kann da Abhilfe schaffen und doch öffnen. Ob es jetzt eine Männersicherung gibt oder er uns nur gelungen verkohlt hat, bleibt wohl ein Geheimnis...

Drin bauen The Obsessions gerade ihre Instrumente auf und wir erfahren zur Begrüßung, dass sie heute ein wenig spät dran sind. Irgendwer hat den Wolff zum Schermeister geschickt, die lange blonde Matte ist deutlich kürzer als noch vor ein paar Tagen. Naja, wenn ein Yorkshire nichts mehr sehen kann, bekommt er ein Schleifchen ins Haar. Da ist der Frisör wohl die bessere Wahl. Während sich die drei mit ihrem Kabelsalat abmühen, überlegt Lena, dass man sie doch in die Top 819 von Radio Hamburg voten müsste. Da dies allerdings voraussetzt, dass man die CD kaufen kann, fallen die ganz neuen Songs leider raus. Aber wie wäre es denn mit dem Titelsong des aktuellen Albums "Everything is happening"? Wir beschließen, die Lawine loszutreten.

Unterdessen stellt sich heraus, dass nicht alle Boxen der PA so wollen, wie das für den Musikgenuss zuträglich wäre. Jamie klettert von einem Geländer aufs andere, um das Rätsel zu lösen. Es folgen die Suche nach einer Taschenlampe und eine längere Fummelei am Mischpult, bei der Wolffs Schlagzeug beinahe eine Beck's Dusche erhält. Letzten Endes kann Jamie aber verkünden: "And now in full stereo: the soundcheck!" Wer hatte noch gleich das Gerücht in die Welt gesetzt, dass Musiker nur bis vier zählen können? Vor "The end of the Day" beginnt Jamie einzuzählen, wobei einer seiner Kollegen noch nicht so ganz fertig ist. "One two three, two two three, three two three, four two three, five two three, six two three, seven two three, eight two three, nine two three, ten two three, eleven two three, twelve two three, hhhhhhhhhhhhhhh (Luftholgeräusch)" dann geht es los und nach The End of the day wird sofort "The end of the soundcheck" verkündet.



Duncan braucht zum Glück keinen zeitraubenden Aufbau sondern kann sofort mit "So Many Ways" loslegen. Es folgen "God's Speed", "Lay Down" und "Because I Love You So". Bei "Such An Old Story" geht mir plötzlich durch den Kopf, dass ich dieses Lied gerne mal mit Drums hören würde. Aber vielleicht ist die CD, an der Duncan arbeitet, ja mit Band? Ich glaube, sie wird sich lohnen! "Painted Like A Picture" klingt am Anfang wie ein Soundtrack zu einem Märchenfilm. Ein bisschen leise, ein bisschen sanft und ein bisschen verspielt. Doch das Lied steigert sich immer weiter und wir stellen überrascht fest, dass Duncan im Publikum seinen Backgroundchor platziert hat. Ob das nun "Groupiebackings" sind, wie ich mir notiere oder ob es doch die "Duncettes / Duncats" sind, wie Joe sie später nennt, bleibt offen. Der Effekt ist auf jeden Fall witzig und da Duncan nicht sonderlich überrascht reagiert, scheint das öfter zu passieren.


The Obsesseions und Duncan Townsend


Der nächste Titel ist "The Good Time". Beim folgenden "City Lights" springt der Background wieder ein und danach greift Duncan zur Mundharmonika, um "Sign Myself To You" damit zu würzen. "Go! Go!" wird als letzter Song angekündigt, aber ohne eine Zugabe darf er die Bühne nicht verlassen. Nach "Hotels" hat Duncan Feierabend und darf sein durchgeschwitztes Shirt gegen trockene Klamotten und ein Getränk austauschen.


The Obsesseions und Duncan Townsend


An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Duncan, der diesen Bericht vorab sehr aufmerksam gelesen und korrigiert hat. Ohne seine Hilfe hätte ich die Hälfte der Titel falsch wiedergegeben. Die meisten Songtexte des Abends und ein paar Demos von Duncan findet ihr auf seiner Homepage in der Kategorie music. Dort findet ihr auch die Termine, die Duncan gemeinsam mit seiner Band hat. Die CD wird übrigens tatsächlich mit Band produziert. Noch merh von Duncan gibt es auf myspace , dort mit weiteren Hörbeispielen.


The Obsesseions und Duncan Townsend






The Obsesseions und Duncan Townsend


Im Licht der Academy sieht Jamies normalerweise grün-goldener Bass heute wieder weiß aus. Auf diese optische Täuschung war ich beim letzten Mal schon reingefallen. Beim Anblick des immer dunkler werdenden Shirts von Duncan kann also nur eine Schlussfolgerung zugelassen werden: Jetzt haben wir den Farbwechselbass UND ein Farbwechsel-T-Shirt. Torben ist da emotionslos: "Die Farbe ist hinterher besser, der Geruch vorher!" Mit solchen Scherzen überbrücken wir die kurze Pause, bevor The Obsessions die Bühne betreten.


The Obsesseions und Duncan Townsend


Es geht los. Mit "What The Woman Wants" beginnt nicht nur der Auftritt der drei, sondern auch die Fotosafari. Noch bin ich ehrgeizig und will gute Bilder ohne Blitz haben. Aber zurück zur Musik: der Gesang ist sehr gut aufeinander abgestimmt und an den passenden Stellen besticht die Gitarre durch eine tolle Verzerrung. "Love Makes An Idiot Of You" beweist sehr eindrucksvoll, dass auch in der Musik weniger manchmal mehr ist. Während die Gitarre mehrfach an einem aus zwei Tönen bestehenden Riff festhält, hat Jamie sogar nur auf 4+ und 1 zu tun, schraubt sich dafür aber in Sequenzen nach oben. Soweit die Theorie. Und das Ergebnis? Es groovt! Wo bleibt die CD?

Danach steigen Joey auf die akustische Gitarre und Jamie auf die Trompete um. "Here We Go" beginnt in der heutigen Version mit einem kurzen Trompetensolo. Der Wechsel zurück zum Kontrabass lässt danach leider eine Pause entstehen, die den Fluss des Liedes hemmt, bevor es richtig begonnen hat. Nö, dieser Version des Intros kann ich nichts abgewinnen, obwohl ich "Here We Go" ansonsten sehr mag. Das gesungene Intro, das Ende letzten Jahres im Programm war, passte da viel besser. Die vorläufige Studioversion ist zur Zeit auf myspace zu hören und klingt noch einmal anders.


The Obsesseions und Duncan Townsend
Here we go


Während "Gate Crashing" fällt mir auf, dass die Textverständlichkeit heute viel besser ist, als sonst manchmal. Da wir am gleichen Platz sitzen, wie bei den Auftritten davor, schreibe ich das einfach mal dem effektiven Soundcheck zu. Endlich ist auch "The End Of The Day" mal wieder im Liveprogramm. Das karibisch anmutende Motiv, das damals im Strand Pauli vom Publikum mitgepfiffen wurde, taucht nicht mehr so oft auf. Stellenweise klingt die Gitarre recht massiv und wirkt ein wenig bemsend. Aber vielleicht fehlen ja der Strand und der Sommer für die Leichtigkeit? Bei "Back To The Rain" werden die bisher noch verhaltenen Tanzeinlagen des Publikums immer heftiger und raumgreifender. Mir fällt wieder besonders die gute Abstimmung der einzelnen Stimmen zueinander auf.


The Obsesseions und Duncan Townsend


"Queen Of The Winter" ist vor Kurzem von einer Ersthörerin als schönes Sommerlied bezeichnet worden. Es ergibt sich also ein spannender Kontrast zwischen gefühlter und besungener Temperatur. Dabei kommen wir endlich in den Genuss des Glockenspiels, das brillant und klar zum Klingen kommt. Auch "Collateral Damage" ist ein Beweis dafür, dass der späte Soundcheck positive Auswirkungen auf das abendliche Klanggefüge hat. Jamie muss seine magelnde Multitaskingfähigkeit für Trompete und moog "Fußorgel" kurz ignorieren. Diese Aufgabe löst er aber gekonnt und elegant. Ab jetzt enthalten alle Fotos die Köpfe oder Schultern der tanzenden Menge vor der Bühne, denn dort werden es immer mehr Leute. "Killer" bekommt nur ein Wort: Geil!


The Obsesseions und Duncan Townsend
Wolff bei Collateral Damage


Irgendwann ist es soweit und das nächste Lied wird als "The last song for tonight" angekündigt. Jamie erklärt vorher noch die Liste, auf der sich Newsletterinteressenten eintragen sollen: "We have to not loose this paper all night long!"


The Obsesseions und Duncan Townsend


Am Anfang klingt "Love's Great Illusion" noch ganz brav. Der Aufwärtlauf der Gitarre ist genial: Verträumt und gleichzeitig druckvoll. Dass so etwas geht, ist schon erstaunlich. Es kommen alle Percussioninstrumente zum Einsatz, die im Tourbus zu finden waren. Sogar Joe greift zu einer Rassel, während seine Gitarre vorm Verstärker steht und in einem wohldosierten Feedback von allein weiterklingt. Von Anfang bis Ende steigert sich das Lied kontinuierlich und ist damit natürlich hervorragend als Finale geeignet. Erst wird ein ruhiges Ende vorgegaukelt, aber am Ende ist es doch das furiose Finale, das den Abend beschließt.


The Obsesseions und Duncan Townsend


Auch The Obsessions dürfen nicht ohne Zugabe von der Bühne flüchten und so kommen wir in den Genuss einer unfreiwilligen Slapstickeinlage des Bassisten. Keine Sorge, er ist nicht schon wieder beim Klettern gestürzt, hat aber diesmal mit der Suche nach seinem Kabel zu kämpfen. "This isn't even plugged in... I'm just looking for the end of my plug." Mit "You Can Do Anything" geht der heutige Gig schließlich zu Ende.

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