Wise Guys
in Hamburg, CCH1
support: Groovechor


Vom CCH hatte ich bisher nur gehört, dass es sehr groß ist und eine nicht besonders gute Akustik haben soll. Aber was macht das schon, wenn man in der ersten Reihe sitzt? Da ist die Saalakustik eh zweitrangig. Solli und ich sind heute wieder für den Stand von misereor zuständig, also bahnen wir uns schon um halb sieben den Weg durch das Sicherheitspersonal nach oben. Leider sind diese Herren in schwarz im CCH ziemlich streng, wir dürfen weder Flyer auf den Stehtischen auslegen (denn wenn die nass würden, könnten die am Tisch festkleben und so ein Tisch kostet 500 Euro) noch die Stellwände vor den Plakaten des CCH aufbauen. Zum Glück ist aber nur das hauseigene Personal so kompliziert, das Wise Guys Team ist wie immer total nett und hilfsbereit. Vor dem Konzert müssen wir aber nur die Frage beantworten, wo denn CDs verkauft werden. Offensichtlich sprechen die Stellwände für sich.

Wie schon beim letzten Konzert in Hamburg ist wieder der Groovechor als Vorgruppe dabei und verteilt sich in nur zwei Reihen über die komplette Bühne. Vielleicht wären drei Reihen eine bessere Idee gewesen? Teilweise sind Bass und Sopran einfach nicht zusammen... trotzdem liefern die Sänger eine mitreißende Einstimmung auf den Abend, das Arrangement von "Oh Tannenbaum" erntet besonders viel Gelächter. Wer den Groovechor hören möchte, kann das am 27.11. in der Markthalle in Hamburg tun.

Plötzlich erklingt der Root Beer Rag, dann wildes Klingeln und Ferenc' Stimme weist uns darauf hin, dass doch bitte Handys ausgeschaltet werden. Handyklingeln in der Show ist zwar nicht verboten aber äußerst uncool. Dagegen sind Ton- und Videoaufnahmen absolut verboten und lösen sofort... nee, ich verrate es mal noch nicht. Die Wise Guys starten mit ihrem "Opener", bei dem Eddi als Erster auf die Bühne kommt und dann nach und nach unter lautem Jubel Sari, Clemens, Ferenc und Dän dazustoßen. Es geht direkt mit dem "Opener B" weiter, bei dem ich mir gerade nicht sicher bin, ob ich ihn schon mal gehört habe oder nicht. Hilfe, das ist mir noch nie passiert. Ich sitze in einem Konzert und weiß einfach nicht, ob ich das Lied kenne. Peinlich! Aber schon bei der Spezialnacht in 12 Tagen werde ich dann ja sicher wissen, dass ich es nicht zum ersten Mal höre. In meinen Notizen steht zu dem Lied übrigens: "Sch*** ist das geil!" Wir johlen von Anfang an nach jedem Lied und ich bin direkt völlig begeistert.

"Wo der Pfeffer wächst" ist herrlich energiegeladen und Dän kann die ganze große Bühne ausnutzen, um wütend herumzutoben. Bei "Aber sonst gesund" fällt uns vor allem auf, dass wir uns noch immer nicht daran gewöhnt haben, dass Ferenc die ganze Zeit herumtänzelt. Nach diesem Lied schiebt Dän ein spontanes Stadtquiz für seine Freunde ein, bei dem es einen Gebrauchtwagen aus den Pariser Vororten als Preis gibt. Eddi muss beantworten, wie der "Michel" richtig heißt und liegt mit "Sankt Michael" sehr nah an der richtigen Antwort. Die schönste falsche Antwort gibt Clemens. Auf die Frage danach, wie die Hamburger Spezialität heißt, die mal mit Zimt und mal mit Rosinen gefüllt ist, antwortet er nicht "Franzbrötchen" sondern "Michelsternchen" und hat damit auf jeden Fall alle Sympathien auf seiner Seite. Trotzdem geht der ausgebrannte Gebrauchtwagen an Eddi. Direkt im Anschluss folgt die Zuschauerbefragung. Schon vorher ist eine Gruppe kreischender Mädels aufgefallen, die irgendwo weit oben links sitzt und jetzt von Dän darauf hingewiesen wird: "Es reicht, wenn ihr aufzeigt!" Eine neue Frage ist dabei, die Wise Guys wollen wissen, wer sie über die Medien kennen gelernt hat und wer durch Mundpropaganda zu ihnen kam. Das Ergebnis ist eindeutig: die meisten sind durch Mundpropaganda angesteckt worden. Trotz des großen Erfolges sind die Wise Guys nach wie vor medial unterrepräsentiert.

Es folgt "Denglisch" und danach moderiert Eddi "Erzähl mir die Geschichte" an. Die fünf stehen scheinbar bewegungslos auf der Bühne, bei genauem Hinsehen kann man aber erkennen, dass Eddi mit den Zehen den Takt mitwippt. Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass ich bei jedem Konzert wieder Feinheiten entdecken kann, die mir vorher nicht aufgefallen sind. Diesmal sind es einige Passagen in Clemens' Nebenstimme, die meine Aufmerksamkeit gefangen nehmen. Thematisch bleiben wir bei Liebesliedern im weitesten Sinne, "Das war gut" entlockt vor allem den zahlreichen Neuhörern viel Gelächter. Dabei ist dies schon die entschärfte Version, wie Dän hinterher erzählt, am Anfang habe es geheißen: "Das war gut, macht das nochmal". Doch auf auch die herkömmliche Zweierbeziehung gemünzt ist das Lied einfach klasse.

Nach der "Romanze" tobt der Saal wie selten, der letzte Ton ist noch nicht ganz verklungen als schon heftiger Jubel ausbricht. Bei "Achtung! Ich will tanzen" reicht es uns, die Aufstellung am Anfang zu sehen, um uns schon diebisch auf rumspringende Gestalten zu freuen. Da zeigen sich die Nachteile der riesigen Bühne, denn wenn man viel Platz hat, sind die Wege zum laufen und hüpfen auch sehr lang. Was Clemens angestellt haben mag, dass er hinterher moderieren muss, wissen wir nicht. Er erzählt mit einem Seitenblick auf seine keuchenden Kollegen: "Wir sind ja auch nicht mehr die jüngsten und zum Teil auch nicht mehr die leichtesten..." und plötzlich wendet sich alle Aufmerksamkeit dem Tisch links auf der Bühne zu.

Wise Guys
Eddi verliert kurzzeitig die Bodenhaftung...

Wise Guys
...Dän auch...

Wise Guys
...allerdings nicht so lange.

Dass Ferenc mal direkt auf mich zu fegen würde, hätte ich mir auch nicht träumen lassen. Aber genau das passiert bei "Powerfrau" kurz bevor die Fenster geputzt werden. Und selbstverständlich gibt es wieder lautes Kreischen für Saris bauchfreie Pose, wobei wir die blaukarierten Boxershorts viel interessanter finden, als seinen Bauchnabel. Danach wird es richtig interessant. "Buddy Biber" hatte ich dank telefonischer Liveübertragung schon einmal gehört (aus einem Konzert angerufen zu werden ist ne feine Sache), aber vom Text her nur sehr wenig verstanden. Jetzt erkenne ich auch, warum das so war: der Eddi singt rückwärts!!! Das Stück ist absolut genial, wir haben Tränen gelacht, aber viel mehr verrate ich hier auch noch nicht. Die Wise Guys können mit dem Mund auf jeden Fall noch viel mehr außer "nur" singen und Mouthpercussion. Schon ist die Pause da, es kommt vorher nur noch "Nur für dich". Links neben uns sitzt eine Neuhörerin, die sich vor lachen kaum auf dem Sitz halten kann, der junge Mann neben ihr singt mit schelmischem Grinsen ganz leise mit.

Wise Guys
Ferenc Fensterputzer

Für Solli und mich ist es zum Glück kein Problem, schnell genug von unseren Plätzen zum Stand zu düsen, das Interesse ist jedoch eher gering. Die meisten versuchen, bei uns CDs zu kaufen und sind ganz entsetzt, dass wir sie wegschicken. Ein paar Kinder lesen interessiert die Stellwände, die Postkarten der Weltbessermacheraktion kommen auch sehr gut an, Fragen zu Two-for-one-world kommen keine. Ein ziemlich großer Teil des Publikums ignoriert die drei Klingeln, die das Ende der Pause ankündigen gekonnt, so dass Dän bei "Mad World" am Anfang noch relativ laut und mit Kraft gegen das Gewusel ansingen muss. Im weiteren Verlauf des Liedes wird es aber leiser und gefällt mir ziemlich gut. Der "Ohrwurm" ist ein Nervwurm und könnte wirklich gerne aus dem Programm fliegen. Wie wäre es statt dessen weiterhin mit "Live and let die"? Das hatte doch auch prima hinter "Mad World" gepasst. Dän berichtet vom allabendlichen verzweifelten Griff zur Fernbedienung und Eddi singt uns seine Erfahrungen mit "Neun Live" entgegen.

Ich habe leider vergessen, welchen kleinen Seitenhieb Dän gegen die Techniker losgelassen hatte, aber die Strafe folgt auf dem Fuß: Nach der Mouthpercussionerklärungsmoderation ist beim Beginn von "Einer von den Wise Guys" plötzlich sein Handsender tot. Keine donnernde Bassdrum, keine trocken gespuckte Hi Hat, nichts. Ob Dän vergessen hat, den Ladezustand der Batterie zu überprüfen? Clemens scheint ähnlich zu denken und rennt hinter die Bühne, daraufhin erwacht der Handsender wie von Zauberhand wieder zum Leben und Dän gibt zu: "Blöde Sprüche über das technische Personal werden hier sofort abgestraft!" "Jetzt ist es zu spät" zeigt wieder herrlich empörte Gesichter und statt die armen Jungs zu bedauern, lachen wir uns kaputt.

Wise Guys
"Oh no no no!"

Wise Guys
"...nur Timing hamse nich!"

Danach ist Clemens wieder an der Reihe zu moderieren und berichtet vom kölschen Optimismus. "Wenn wir unseren Optimismus schon nicht mehr auf die Damenwelt richten, weil wir das ja nicht mehr dürfen..." Der Rest geht in lautem Lachen unter. Jetzt weiß ich auch, wieso ich diese Konzerte so vermisst habe: es gibt nur wenige Veranstaltungen, bei denen man so extrem viel zu lachen hat. Ich sollte in Zukunft meine Freizeitgestaltung nach dem Lachfaktor planen! "Weltmeister" bekommt eine unfreiwillige Striptease-Einlage, die auf der Bühne nichtmal bemerkt wird. Eddi reckt sich so sehr, dass sein Hemd zwischen den Knopfleisten ständig den Blick auf seinen Bauch freigibt. Danach erzählt er davon, dass ja jeder Mensch Visionen braucht. Er hat die z.B. häufiger abends. Neulich war er im Hotel im Bett, die Wände schienen zu rotglühender Lava zu werden (tatsächlich werden an den Bühnenseiten rote Scheinwerfer eingeschaltet). Er rief nach dem Zimmermädchen, es drehte sich verschlafen zu ihm um und hatte ein grauenvolles Gesicht, nämlich das von... Clemens! Was auch immer der Eddi nimmt, er sollte die Dosis drastisch reduzieren! Aber es ist natürlich gut, wenn man sich immer die Meinung frei heraus sagen kann. Wer jetzt genau "Das Allerletzte" ist, bleibt allerdings offen. Wobei die große Kanne Kamillentee auf meiner Liste schon ziemlich weit oben steht, gleich gefolgt vom Lebertran.

Für "Sing mal wieder" hat Eddi schon wieder einige neue Ideen gehabt, mit denen er unsere musikalische Aufnahmefähigkeit testet. Danach darf Ferenc als "King of the Road" durchs CCH donnern und mit "Feierabend" geht der offizielle Teil der Programms zu Ende.

Wise Guys
Quiz: Was hält Clemens von Eddis Gesang?

Als erste Zugabe gibt es "Jede Stimme zählt" und nach Eddis erster Jodelphrase sorgt ein von einer Empore gesungenes "Heidi" dafür, dass Eddi lachend abbrechen muss. Das war glaube ich einer der ganz wenigen wirklich witzigen Zwischenrufe, zumindest, wenn der nicht schon zum zehnten Mal kam (ich will hier also niemanden zum nachmachen anstiften, das ist eh nur beim ersten Mal lustig). Bei "Ruf doch mal an" stehen die meisten auf und hüpfen mit, für "Jetzt ist Sommer" setzt sich natürlich auch niemand wieder hin und die unvermeidliche "Ohrwurmreprise" beschließt ein wundervolles Konzert.

Der Afterglow ist relativ kurz, was aber vorher schon so angekündigt worden ist. Das liegt nicht etwa daran, dass die Wise Guys keine Lust mehr haben, sondern dass das CCH-Personal... denkt euch den Rest. Nach ungefähr einer halben Stunde werden wir gegangen. Schade, die Stimmung im Konzert selber war absolut super aber offensichtlich muss das in Hamburg so sein, dass das Hallenpersonal den Afterglow beendet. Vermutlich ist der Veranstalter gebürtiger Ostwestfale?

Opener
Opener B
Wo der Pfeffer wächst
Aber sonst gesund
Denglisch
Erzähl mir die Geschichte
Das war gut
Romanze
Achtung! Ich will tanzen
Powerfrau
Buddy Biber
Nur für dich

Mad World
Ohrwurm
Neun live
Einer von den Wise Guys
Jetzt ist es zu spät
Weltmeister
Das Allerletzte
Sing mal wieder
King of the Road
Feierabend

Jede Stimme zählt
Ruf doch mal an
Jetzt ist Sommer
Ohrwurm (Reprise)



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